BINSWANGEN/Schwaben

Gründung: 1663 – Fläche: 3070 qm

Wenige hundert Meter vom Ort Binswangen in Richtung Wertingen liegt links von der Bundestrasse auf einer kleinen Anhöhe die alte ehrwürdige Begräbnisstätte, die unter den Greueltaten des Naziregimes besonders zu leiden hatten. Ein kleiner Feldweg führt zum Eingangstor, vor dem etwas seitlich ein Gedenkstein mit folgender Aufschrift steht: „Jüdischer Friedhof der ehem. Israelitischen Kultusgemeinde in Binswangen“. An der oberen rechten Ecke des Friedhofsgeländes, zu welchem ein von Efeu begrenzter schmaler Weg über einige Treppen führt, stehen kreisförmig einige entwendete und wieder zurückgebrachte Mazzewot. Die jüdische Gemeinde erhielt 1663 nach langem Hin und Her von Sigmund Franz Erzherzog zu Österreich ein Viertel Acker Land, auf der sog. „Schwärz“ gelegen, um den Preis von 20 fl, um einen Friedhof anzulegen. Für jede Lewaja musste ein „Todfallgeld“ an die Herren von Pappenheim gezahlt werden (auf deren Gebiet lag der Beth Olam).

Der gute Ort von Binswangen.

Mit großen finanziellen Anstrengungen schaffte es die Kehilla, im Jahre 1761 eine Einfriedungsmauer erstellen zu lassen. Wie wichtig den Juden diese Maßnahme war, geht aus einem Schriftstück hervor, dessen ungefährer Wortlaut folgendes beinhaltet: „Unsere Ahnen schon wollten den Friedhof umzäunen, sie durften es nicht. Sie hinterließen uns den Auftrag…, denn Böswillige zerstören auch Gräber und Grabdenkmäler.2) Die erheblichen Kosten wurden durch verschiedene Einkünfte gedeckt, so z.B. mit Abgaben von jedem – der zur Tora aufgerufen wurde – der Sandak war, – der Bar Mezwa war, etc.3) 1806 gründete sich ein Bezirksrabbanut unter der Leitung von Rabbiner Hirsch Gunzenhauser (lebte bis ca. 1868). 1811 verfügte die Gemeinde über eine Synagoge (die bereits in Aufzeichnungen aus dem Jahre 1725 zu finden ist) und eine Jeschiwa, die vom Bezirksrabbi betreut wurde.

Dass die jüdischen Einwohner auch aktiv in der politischen Gemeinde waren, beweist die Wahl von Salomon Binswanger und
G. Neuburger zu Gemeindebevollmächtigten, vergleichbar den heutigen Gemeinderäten.4) 1835 wurde mit dem Bau einer neuen, größeren Synagoge begonnen. Das Gebäude besteht heute noch und wird zur Zeit renoviert. Eine Mazza-Bäckerei war gleich bei der Synagoge untergebracht. Anfang des 20. Jahrhunderts unterstand die Kehilla Binswangen dem Bezirksrabbinat Augsburg. Eine heilige Bruderschaft und der Wohltätigkeitsverein Dower-Tow waren tätig. Im Juni 1924 bereits kam es in Binswangen zu antisemitischen Aussschreitungen. Am Friedhof wurden 30 Grabsteine umgeworfen, zerschlagen und andere mit Nazisymbolen beschmiert. 1938 und 1940 wurde der Friedhof von den Nazis erneut geschändet. In der Pogromnacht 1938 wurde der Innenraum der Synagoge total zerstört. Die zu dieser Zeit ebenfalls zerstörte Einfriedungsmauer des guten Ortes wurde im Jahre 1963 wieder aufgebaut. Zuletzt waren im Jahre 1975 Schänder am Werk und warfen von den wenigen verbliebenen Grabsteinen fünfzehn um.

1-4) Öhlschläger, Ortschronik Binswangen