FLOß/Oberpfalz

Gründung: 1692 – Fläche: 750 qm

Am nördlichen Rand der Ortschaft Floß, liegt neben der Straße nach Flossenburg der Friedhof der ehemaligen jüdischen Gemeinde. Verwitterte Grabsteine ragen über eine kleine Mauer, die den an einem steilen Hang liegenden, dreieckigen Guten Ort umgibt. Gleich hinter dem am südwestlichen Eck befindlichen Eingang – einem kleinen schmiedeeisernen Tor – führten kleine Erdtreppen den Hang hinauf. Ganz oben auf der Anhöhe steht man vor dem Grab mit der Aufschrift: „Hier ruht in Frieden meine innig geliebte Frau Chana aus Piotrkow/Polen, gest. am 28. 2. 1946.“ Dies war die letzte Beisetzung auf diesem Guten Ort.1) Bereits 1671/2 wollten aus Wien vertriebene Juden in Floß , einer Handelsstation der Route Prag-Nürnberg, siedeln. Doch erst im Jahre 1685 erhielten zwei Brüderpaare die Erlaubnis, in Floß zu bleiben.

Dies war mit vielen Einschränkungen und Zahlungsverpflichtungen verbunden. Zwei Jahre später erhielten die Juden die Erlaubnis, eigene kleine Häuser zu errichten. So entstand in den kommenden Jahren, auch durch Zuzug von Juden aus Böhmen, ein besonderes jüdisches Viertel auf einer Anhöhe am Rande der Ortschaft, das später als Judenberg bekannt wurde. Die Gemeinde wuchs vom Ort derart abgeschlossen, dass allgemein anerkannt wurde, sie sei ein eigener politischer Bezirk.2) So wurde auch eine eigene Verwaltung aufgebaut mit allen nötigen öffentlichen Einrichtungen.
Zunächst wurde der Beth Olam angelegt und in den Jahren 1729, 1754 und 1780 erweitert. Ab dem Jahr 1794 war eine Chewra Kaddischa tätig. Eine Synagoge bauten sich die Juden im Jahre 1722. Bis dahin hatte man in Privaträumen gebetet.

Friedhof Floß

Von 1736 bis zu seinem Tod 1767 amtierte der erste Rabbiner, Raw Schlomo ben David, in Floß. Ihm folgte Rabbiner Derenburg, der jedoch nach vier Jahren zurücktrat, da er zu sehr unter den damaligen Auseinandersetzungen innerhalb der Kehille litt. Ihm folgten 1772 im Amt Rabbiner Elieser Petschau, 1790 Rabbiner Itzchak ben S’charia Fränkl aus Fürth und um 1800 Rabbiner David Hessel. Zur Jahrhundertwende bestand die jüdische Gemeinde aus 42 Familien. Die Kehille unterhielt folgende Einrichtungen: Synagoge, Gemeindehaus mit Wohnungen für Rabbiner und Chasan, Friedhof, Mikwe sowie Einrichtungen für arme jüdische Durchreisende. Im Jahre 1810 wurde auf Veranlassung des Freiherrn von Lichtenstein, des Landrichters von Neustadt, eine jüdische Elementarschule gegründet.3)Ebenso war eine Toraschule für damals 37 Schüler eingerichtet worden. Bei einem Großbrand im Jahre 1813 verbrannten 119 Häuser des Ortes, darunter auch die Synagoge mit allen Torarollen. Auf Initiative von Mosche ben Awraham Wittelshöfer, der im gleichen Jahr Gemeinderabbiner wurde, entstand die neue Synagoge.

Der achteckige, im Barockstil errichtete Bau, wurde im August 1815 seiner Bestimmung übergeben. Trotz des Judenedikts vom Jahre 1813 hat die jüdische Gemeinde Floß als politisch unabhängige Einheit am Judenberg weiter existiert. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durften sich die Juden nicht im Ort selbst ansiedeln. Erst 1851 gelang dies zwei Juden, darunter dem Arzt Itzchak Levi. Auch noch nach der Emanzipation von 1861 bestand das Judenviertel weiter, bevor sich die Einwohner des Judenbergs ab dem Jahre 1870 im Ort Floß aufteilten. Ein bekannter Sohn der jüdischen Gemeinde war Josef Schwarz sel. A. Geboren 1804 – wanderte er bereits 1833 nach Jerusalem aus, wo er im Jahre 1865 starb. Seine geologischen und geographischen Untersuchungen förderten überraschende Ergebnisse. Mit seinen verschiedenen Werken, wie z.B. „Landkarte von Erez Israel“ (1829), „Sonnen-Getreide“ (1841), „Jahreskalender für 1843“ oder dem „Tal der Lilien“ (1861), erlangte er großen Ruhm. Unter Rabbiner Israel wurde Floß zum Bezirksrabbinat, dem die Gemeinden Weiden und Cham angeschlossen waren.

Am 28. Oktober 1929 wurde der Gute Ort geschändet. Dass hier bereits große Sorge unter den jüdischen Bevölkerung herrschte, geht auch aus einer Ansprache des damaligen Gemeindevorsteher hervor, der anlässlich des 250. Jubiläums der Gemeindegründung sagte: „Es ist vielleicht jetzt nicht die Zeit, ein Jubiläum zu feiern, wo die Zustände dieser Tage Tausende unserer Brüder zwingen, das Land zu verlassen, das ihre Heimat ist, und die, welche bleiben, leben in Furcht und Not. Aber es ist doch ein Weg von 250 Jahren, den unsere Gemeinde in Floß seit ihrer Gründung im Jahre 1684 auf diesem kleinen Berg gegangen ist. Es war ein langer Weg, der durchtränkt ist von Tränen und Leid, aber mit dem unbeugsamen Willen, durchzuhalten im Glauben unserer Väter.“4) Die Kehille wurde vom Lehrer und Vorbeter und ab dem Jahr 1936 auch Vorsteher der Gemeinde im Sommer 1938 aufgelöst.

Die schöne Synagoge, in der Pogromnacht von 1938 zerstört, wurde mit Hilfe von Kultusministerium, Landesamt für Denkmalpflege, Bezirk, Landkreis, Markt Floß und Landesverband renoviert.5) Am 9. November 1980 wurde die Synagoge erneut ihrer Bestimmung übergeben. Dem Guten Ort wird auch heute noch keine Ruhe gegönnt. Erst vor einigen Monaten, im August 1997 wurde er erneut geschändet und 44 Mazzewot umgestürzt.

1) Oberpfälzer Nachrichten v. 25. 11. 68
2-4) Stefan Schwarz: Juden im Wandel der Zeiten
5) Arbeitsheft des BLfD, herausgegeben von Generalkonservator Prof. Dr. Petzet