INGOLSTADT/Oberbayern

Gründung: 1891 – Fläche: 1318 qm

An der Ostseite des christlichen Westfriedhofs in Ingolstadt schließt sich der jüdische Friedhof der Stadt an. An drei Seiten von einer großen Mauer umgeben und einer dichten Hecke zum christlichen Teil, ist es ein in sich abgeschlossener Teil des ganzen Areals. Rechts vom Eingang, einem hohen Eisentor steht das stattliche Taharahaus mit einer angebauten kleinen Wohnung für den einstigen Friedhofswärter. Die Hauptfassade des Taharahauses ist in drei große Rundbögen aufgelöst. Dahinter befinden sich drei zweiflügelige Holztüren, die zu zwei kleineren Räumen führen.
Der erste von 52 Mazzewot, die in vier Reihen auf dem Guten Ort stehen ist mit folgenden Text beschrieben:
(5) In den Tagen des Chanukka-Festes wurde diese heilige Erde zum Haus des Lebens eingeweiht. Durch den Tod des Mädchens Elsa Süß Schülein Sie starb am Montag, dem 27. Kislew und wurde hier, am Mittwoch dem 29. begraben Jahr 652 nach der kleinen Zählung (1891) Ihre Seele sei eingebunden im Bund des Lebens. Doch vermutlich schon 1285 kamen die ersten Juden aus München nach Ingolstadt, gefolgt von Flüchtlingen aus Eichstätt, die durch die im Jahre 1298 stattgefundenen Rindfleisch-Pogrome von dort vertrieben wurden.

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Eine Urkunde aus dem Jahre 1312 bestätigt, dass Herzog Ludwig der Bayer den Juden das Recht einräumte, bei ihren Schuldnern Geld einzutreiben, so wie er es auch den anderen Bewohnern zugestand. Doch schon vier Jahre später, jetzt als König von Bayern, stornierte er dieses Recht. Als Gegenleistung erlaubte er jetzt den Juden „zu graben, bauen, schreinern, arbeiten und Steuer zu zahlen“.
1322 umfasste die Gemeinde dreißig Personen; sie hatten eine Synagoge und waren unter der Obhut der Regensburger Gemeinde, auf deren Guten Ort sie auch ihre Verstorbenen beerdigten. 1340 erhöhte Ludwig die Zinsrate auf 43%. Die Schuld für diesen unpopulären Beschluß gab die Bevölkerung den Juden, somit nahm der Haß auf diese sehr zu. Ebenso erhielten die Juden die Schuld für den 1347 über das Land gekommenen schwarzen Tod, die Pest. Die Schuldscheine der Juden wurden einfach storniert und die Juden selbst vertrieben, die zum großen Teil Schutz in Regensburg suchten. 1358 siedelten vier jüdische Familien in Ingolstadt. Herzog Stephan räumte der erneut wachsenden jüdischen Gemeinde in Ingolstadt Rechte ein. Doch auch diesmal war dies für die Juden nur eine vorübergehende Zeitspanne.

Schon 1384 waren die Juden dort erneut das Ziel der Verfolgungen. Sie mussten erneut fliehen und suchten diesmal in Nürnberg Schutz. Die Synagoge wurde von der Stadtbehörde in eine katholische Kirche umgewandelt. Anfang des 15. Jahrhunderts kehrten einige Juden nach Ingolstadt zurück, nachdem sie auch in Nürnberg nicht bleiben durften. 1429 wurde unter Herzog Ludwig dem Bärtigen, der Ingolstädter Jude Menasche als Judenrichter neben zwei christlichen Richtern in Regensburg ernannt. Am 5. Oktober 1450 wurden alle Juden in Ingolstadt – Männer, Frauen und Kinder – im sog. Judenturm gefangen genommen. Nach vier Wochen ließ man sie mit der Auflage frei, dass sie innerhalb drei Tagen die Stadt verlassen müssen. Man kam ihnen dahin „entgegen“, dass sie ihren Haushalt und auch die heiligen Gegenstände der Synagoge mitnehmen durften. Die meisten flohen nach Regensburg.
Von da an sind 300 Jahre lang keine Angaben von Juden in Ingolstadt vorhanden. 1784 war es den Juden erlaubt, den Ingolstädter Markt zu besuchen. Aufenthaltsgenehmigungen gab es für Juden jedoch erst nach der Emanzipation ab 1848. 1884 gründeten 15 Juden einen Synagogenverein, der im Oktober 1907 von der Regierung bestätigt wurde. Es war der Kern der späteren jüdischen Gemeinde. Diese war im Besitz einer 1907 entstandenen Synagoge und des 1891 angelegten Friedhofs. Zu dieser Zeit war der Gute Ort noch rund 100 Meter außerhalb des damaligen „Alten Ingolstädter Friedhofs“, der nach und nach erweitert wurde und schließlich um den jüdischen Friedhof „herumwuchs“.1) In der Gemeinde war eine Chewra Kaddischa tätig, wie auch ein Unterstützungsverein sowie eine Ortsgruppe des allgemeinen jüdischen Jugendvereins und des Reichsbunds Jüdischer Frontsoldaten. Auf den Guten Ort befindet sich ein Gedenkstein mit der Aufschrift:

(6) DIE STADT INGOLSTADT GEDENKT IN TRAUER DER IM ERSTEN WELTKRIEG 1914-1918 GEFALLENEN JÜDISCHEN MITBÜRGER: ERNST HALBERSTADT, ADOLF KUHN UND ALLER JENER, DIE UNTER DER NATIONALSOZIALISTISCHEN GEWALTHERRSCHAFT 1933-1945 OPFER DER VERFOLGUNG GEWORDEN SIND. (……..)

Nach dem Krieg gründete sich noch für einige wenige Jahre eine neue jüdische Gemeinde, deren Mitglieder DP-Leute waren.
Die letzte Lewajia auf dem Guten Ort war im Februar 1949.

1) MZ v. 8. 1. 92

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