KLEINBARDORF/Unterfranken

Gründung: um 1574 – Fläche: 36.000 qm

Der Gute Ort von Kleinbardorf gehört zu den ältesten und ist flächenmäßig der zweitgrößte jüdische Friedhof in Bayern (größer ist nur der Gute Ort in München). Das umzäunte Areal liegt etwa zwei Kilometer außerhalb der Ortschaft auf dem Wartberg (im Volksmund Judenhügel genannt). Ein steil ansteigender, geteerter Weg führt zu dem an der Westseite gelegenen Eingang. Rechts vom Eingang befindet sich ein Grabfeld mit Frauen, die bei oder infolge einer Entbindung verstorben sind. Links vom Eingang aus befinden sich eine Abteilung mit jüngeren in Reihen angelegten Gräbern, während der großflächige hintere Teil des Beth Olam mit alten bzw. sehr alten Grabstätten belegt ist. Eine Besonderheit ist das ungefähr mittig im Friedhof stehende Taharahäuschen.

Das Haus ist aus Steinquadern gebaut und auch das Gewölbe ist mit Steinen abgedeckt. Über dem niedrigen Eingang befindet sich eine Tafel, auf der in Hebräisch geschrieben ist, dass das Häuschen im Jahre 1695 durch die Spenden des Jospe Neustatt sel.A. errichtet wurde. Die Erlaubnis, ihre Verstorbenen am Wartberg zu beerdigen, erhielt die jüdische Gemeinde im Jahre 1574 vom damaligen Herrscher, dem Freiherrn von Bibra. In der Chronik derer von Bibra ist zu lesen: „Georg von Bibra gestattete den Israeliten zu Kleinbardorf eine Begräbnisstätte auf dem Wartberg, wofür ihm diese einen jährlichen Zins von vier Gulden und für jeden Beerdigungsfall eine Gebühr von einem Taler zusicherten.“ 1) Das Kleinbardorfer Schlossgut, zu dem das Gelände des Friedhofs gehörte, ging im Jahre 1602 an den Fürstbischof Julius Echter über, bevor es 1691 an die Freiherrlich Guttenberg’sche Familie ging. 2) Im Laufe des 17. Jahrhunderts erwarben die Juden das Friedhofsgelände und kauften noch Boden hinzu.
Dies war natürlich nur mit der finanziellen Unterstützung anderer jüdischer Gemeinden möglich, und somit konnten 27 Gemeinden ihre Verstorbenen auf diesem Bezirksfriedhof beerdigen.

Mazzewa von Abraham ben Zwisel s.A. auf dem Guten Ort in Kleinbardorf.

1837 zählte die jüdische Gemeinde Kleinbardorfs 90 Mitglieder. Das waren zirka ein Drittel der Bevölkerung. Die Kehilla unterhielt eine Schule und baute sich 1896 eine neue Synagoge. Im Aron Hakodesch wurden bearbeitete Holzteile des Toraschreins der alten Synagoge integriert. Am 22. Juli 1922 errichteten alle Kehillot, die ihre Toten auf dem Bezirksfriedhof beerdigten, ihren Gefallenen des Krieges 1914/18 ein Denkmal mit der Aufschrift: Zum Andenken an die tapferen Helden jüdischen Glaubens, die in dem Weltkrieg 1914-18 ihr Leben für ihr Vaterland hingegeben. Es folgen 22 Namen. Auch dieses Ehrenmal wurde bei Schändungen des Guten Ortes in den Jahren 1925 bis 1957 nicht verschont.

Der letzte Parnass der Kehilla war Awraham Kahn sel.A., der auch als Vorbeter fungierte. Doch in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts war in der Kehilla schon kein Minjan vorhanden. Zu diesem Problem ist in den Aufzeichnungen von Otto Mölter aus dem Jahre 1953 zu lesen: „Nun war doch in keinem der Orte Kleinbardorf bzw. Kleinelbstadt 7 Männer (Anmerkung: Gemeint sind sicherlich 10 Männer!) mehr und da kamen sie auf den Ausweg, alle 14 Tage zu wechseln. An einem Samstag ging’s nach Kleinelbstadt und am nächsten nach Kleinbardorf in die Synagoge.“ Von den einst 20.000 Gräbern sind heute nur noch ca. 4300 Grabsteine vorhanden. Die letzte Lewajia war 1938 – die von Jakob Fleischhacker sel.A. aus Kleinbardorf.

1/2 )R. Albert: Geschichte der Juden im Grabfeld

Taharahaus am Friedhof Kleinbardorf